Viele Menschen wissen tatsächlich nicht, wie man adäquat mit Hunden in Kontakt geht. Und auch nicht, wann man es besser bleiben lässt. Ebenso verstehen viele Hundebesitzer, sogar langjährige, die Signale ihres Hundes nicht, schlecht oder misinterpretieren sie. Was die Menschen oft nicht an ihrem eigenen Verhalten Hunden gegenüber wahrnehmen, kann bei Hunden sogar bedrohlich wirken bis hin zu das Vertrauen in die eigenen Menschen erschüttern. Und das kann wiederum einen kilometerlangen Rattenschwanz an negativen Verhaltensweisen beim Hund auslösen.
Falls dein Hund also unerwünschtes Verhalten zeigt, dann überprüfe im ersten Schritt einmal DEINE Verhaltensweisen und das, was du andere Menschen mit deinem Hund machen lässt. Hier liegt nämlich oft schon die Basis einiger unerwünschter Verhaltensweisen.
Heute gehen wir auf drei essenzielle Situationen in der Kontaktaufnahme zwischen Menschen und Hunden ein, in denen schon so einiges schiefgehen kann. Hierbei setzen wir natürlich voraus, was wir bereits in unseren vorherigen Blogartikeln besprochen hatten: Der Kontakt, ob Freund oder Fremdmensch, wurde vom Hundebesitzer überhaupt erst erlaubt.
Hunde richtig begrüßen
So bitte nicht: Dem Hund Schenkel klopfend entgegenstürmen oder vor ihm aufstampfen und mit überdrehter Stimme wie ein Maschinengewehr auf den Hund losplappern: „JA WAS ISSER DENN FÜR EIN FEINER, JA DANN KOMMA HER, JA SO EIN FEINER, JAJAJA!!!“ … Warum so nicht? Weil Aufregung und Freude nicht dasselbe sind – aber extrem oft von den Menschen verwechselt werden. Was für Hunde fatale Folgen hat. Denn wenn man Hunde aus ihrer freundlichen Stimmung oder tatsächlichen Freude heraus künstlich in totale Aufregung hochputscht, um die Illusion zu erzeugen, dass der Hund sich ja überdimensional über einen freut, dann lernen sie: Menschen begrüßen bedeutet hemmungslos auszuflippen.
So geht’s: Ruhig bleiben, abwarten, den Hund erst einmal wahrnehmen, schauen, was er körpersprachlich zeigt, ohne direkt drauflos zu interpretieren. Ein sanftes „Hallo“ und ein freundlicher Blick, der nicht die ganze Zeit auf dem Hund beharrt. Das reicht schonmal fürs erste.
Sich Hunden richtig annähern
So bitte nicht: Auf den Hund vornübergebeugt und frontal zugehen und den Hund dabei anstarren – das kann aus Sicht des Hundes mehr als Drohung denn als freundlicher Kontakt angesehen werden, da dies unter Hunden Drohgebärden sind. Drohgebärden sind für Hunde alltägliche Kommunikationsmittel, die weder überbewertet noch ignoriert und vor allem nicht durch menschliches Fehlverhalten gefördert werden sollten. Sie sind dazu da, um Distanz zu schaffen oder Konflikte abzuwehren. So auf einen Hund zuzugehen und ihn dann auch noch gleich anzufassen, stellt für diesen eine sehr widersprüchliche und dazu übergriffige bis bedrohliche Kommunikation sowie Situation dar. Das ist so ein bisschen, als würde ich mit wütendem Blick und geballten Fäusten aggressiv auf Schatzi losgehen, um dann süß miteinander zu kuscheln …
So geht’s: In die Hocke gehen mit möglichst geradem, entspanntem Oberkörper oder seitlich zum – nicht über den – Hund beugen, anstatt frontal. Den Hund einfach mal kommen lassen, statt sofort zu berühren.
Hunde richtig streicheln
So bitte nicht: Meist geht mit oben beschriebenem Szenario des Hochputschens folgendes einher: Am Hund wird hektisch herumgewuschelt und geschubbert. Viele Hunde hängen sich da auch rein, weil Stellen geschrubbelt werden, wo sie sich nicht so gut kratzen können und so diese Stellen auch mal zum Zug kommen. Dennoch artet auch hier die Aufregung oft aus und der Hund wird noch weiter hochgepuscht durch stimmliche und taktile Hektik. Das ist kontraproduktiv. Ebenso kontraproduktiv ist, eine regelrechte Streichelparty zu feiern und kein Ende mehr zu finden. Der Hund wird so extrem in den Vordergrund gerückt, seine Position wird „aufgeladen“. Das tut vielen Hunden nicht gut – besonders den Exemplaren nicht, die sich eh schon für alles verantwortlich fühlen und dadurch begünstigt die eine oder andere „Baustelle“ haben.
Wie bereits weiter oben erwähnt, sollte der Hund auch gar nicht erst angefasst werden, wenn er Meideverhalten zeigt. Generell gilt: Fürs Streicheln nicht sofort am Kopf beginnen, nicht hektisch schrubben, nicht am Hund mit flacher Hand herumklopfen. Und: Wenn der Hund sich entziehen möchte, nicht festhalten, um das eigene Kuschelbedürfnis zu befrieden!
So geht’s: Den Hund zuerst sanft an der Schulter oder am Rücken berühren. Wenn er sich z.B. in die Berührung „reinhängt“ und es genießt, kann die Brust, der Kopf, der gesamte Körper gestreichelt werden. Das ruhige Pendant zum hektischen Schubbern ist ein gefühlvolles Massieren – wie kräftig der Hund das mag, wird er zeigen. Viele Hunde mögen es, wenn man ihnen z.B. die Ohren krault oder sanft über die Augen reibt – aber das akzeptieren sie nicht unbedingt von jeder Person und das sollte nicht Schritt eins sein. Also sanft herantasten und aufmerksam beobachten, was der Hund mag und wo er sich entzieht. Und das dann respektieren.
Kleine Eselsbrücke
Klar, Hunde soll man nicht vermenschlichen. Dennoch ist es gut, die Parallelen zwischen Hund und Mensch im Kopf zu haben und sich entsprechend zu verhalten. Merke dir dafür doch Folgendes: Begrüße und berühre einen Hund so, wie du es dir für dich selbst wünschen oder bei einem entsprechenden menschlichen Gegenüber tun würdest. Mit entspannter Offenheit und ruhiger Herzlichkeit.
Weder den besten Freunden noch wildfremden Menschen würdest du ohne Vorwarnung körperlich auf die Pelle rücken, im Gesicht rumtatschen, von oben bis unten hektisch abrubbeln … Dann mach es doch auch nicht bei einem Hund.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Natürlich gibt es Hunde, die sich viel mehr über jedweden Menschen freuen als andere, die Menschen grundsätzlich gut finden und die sich es über alle Maßen genießen, wenn sie gestreichelt werden – egal von wem. Die sind jedoch viel seltener als die breite Masse glaubt. Und es gibt auch Hunde, die uns viele Körperclownigkeiten verzeihen und diese nicht als sonderlich bedrohlich einstufen. Diese Hunde von solchen unterscheiden, die klar, wenn auch charmant signalisieren, dass sie zu dieser Kategorie nicht zählen, ist nicht so einfach. Vor allem nicht, weil Menschen vielen alten Glaubenssätzen über Hunde nachhängen, ihren Blick unzureichend geschult haben und stattdessen schnell und viel fehlinterpretieren. Ein Klassiker ist das Schwanzwedeln, das in erster Linie Erregung signalisiert und durch den Kontext von Gesamtsituation und Körpersprache erst in positive oder negative Erregung eingestuft werden kann. Dennoch wird Schwanzwedeln immer noch weit verbreitet als Freude pauschalisiert.
Auch das hündische Stoppen oder auf Distanzhalten wird von Menschen oftmals für Zuneigung gehalten. Wenn ein Hund z.B. sich einem Menschen einfach in den Weg stellt, ihn intensiv abschnüffelt, die berührende Hand mit der Nase weg geleiten möchte oder die Zunge keine Küsschen, sondern in Wirklichkeit Abfuhren verteilt („Kiss to dismiss“), wird das gerne als „Hund möchte unbedingt ganz doll viel engen Kontakt zum Menschen haben“ beurteilt. Ist aber oft gar nicht so. Es gibt etwa auch Hunde, die in ihrer Aufregung als der fröhliche Superkontakter fehleingeschätzt werden. Die z.B. einfach aus Überforderung erregt sind, weil sie eigentlich keinen Kontakt zu jedem wünschen, aber in ihrer Aufregung ein total charmantes Konfliktverhalten zeigen, das als „er freut sich doch so über jeden Menschen“ missverstanden wird.
Was hilft, Hunde richtig einzuschätzen und ihnen so mit dem gebührenden Respekt zu begegnen ist, zu beobachten, statt zu interpretieren und möglichst viel über Körpersprache und hündisches Verhalten zu lernen.
Und dann gibt es noch die No-Gos
Ja, es gibt sie, die Hunde, die fast alle Menschen eher gruselig statt superklasse finden, bitte möglichst viel Abstand zu ihnen haben wollen und das auch deutlich und teils gar nicht mal so charmant zeigen. Im Gegensatz zur Annahme vieler Menschen, dass sie solchen Hunden doch nur zeigen müssen, dass Kuscheln mit ihnen totaaal toll ist: Lasst bitte Hunde in Ruhe – und das bedeutet nicht anschauen, nicht ansprechen, nicht anfassen – die
- offensichtlich Angst haben.
- deutliches Meideverhalten zeigen, wie etwa sich Wegdrehen oder Wegducken, dabei den Blick senken, sich die Schnauze lecken oder gar weg gehen.
- klar drohen – spätestens das sollte selbstverständlich sein.
Und dann wären da noch die Hunde, die sehr überschwänglich sind. Hier empfiehlt es sich ebenso, dem Hund erstmal mit Ruhe zu begegnen. Denn erstens heißt Überschwänglichkeit nicht, dass der Hund sich gerade kaputt freut, sondern es kann genau so gut Überforderung sein, siehe weiter oben. Und zweitens sollte man diese Stimmung nicht fördern. Einfach mal ignorieren und wenn der Hund sich dann beruhigt hat, kann man immer noch in den Kontakt gehen, falls passend.
Weniger ist mehr
Der Spruch mag abgenudelt sein, aber in Bezug auf Hunde und gerade das Thema dieses Artikels besonders passend. Na denn. Weniger Übergriffigkeit und wildes Interpretieren, dafür mehr Respekt und wirkliches Verständnis für unsere Hunde.